Im Februar des Jahres 2000 wurde der Generalissimo im Ruhestand von Grossbritannien in seine Heimat entlassen. Dies wurde mit Pinochets äusserst angeschlagener Gesundheit begründet. Während Pinochets Regime in Chile wurden Tausende bei Verhören auf brutalste Weise in einen Zustand versetzt, der - wie wir jetzt nach britischer Belehrung wissen - juristisch gesehen ein Verhör verbietet. (TA vom 3. 3. ) Bei seiner Ankunft in Santiago entstieg er seinem Rollstuhl und nahm eine Militärparade ab, die vom frisch gewählten Präsidenten mit einem Aufmarsch der Nationalsozialisten im Dritten Reich verglichen wurde. Die Reaktionen in der Bevölkerung waren eindeutig: Pinochetfans entzückt, die Hinterbliebenen der Folteropfer entsetzt, aber der allergrösste Teil der Chilenen wollte sich scheinbar nicht für das historische Ereignis interessieren.
Der neue Präsident Ricardo Lagos war erst kurz vorher vom chilenischen Volk knapp gewählt worden. Obwohl er der erste sozialistische Präsident Chiles seit Salvador Allende ist, hat er bekräftigt, den neoliberalen Kurs der vorherigen Regierungen weiter zu verfolgen. Ein heikles Unterfangen, ist doch Chile in den letzten Monaten wieder in eine Rezession hineingerutscht, die den Graben zwischen den reichen, in der Erstweltstadt Santiago lebenden Bewohnern und den hungernden Kleinbauern der abgelegeneren Gebieten noch weiter aufreisst. Dem neuen Präsidenten obliegt nun nicht nur die schwere Aufgabe, das gespaltene Volk wieder zu einer Nation zu einen, sondern auch einen sozialen Ausgleich zwischen den verschiedenen Schichten herzustellen. Das wird nur möglich sein, wenn Chile sich seiner Geschichte offen stellt und die Schatten der Vergangenheit mit dem Licht der Wahrheit zum Verschwinden bringt.
26. März 00: Der chilenische Kongress stimmt einer Verfassungsnorm zu, die dem ehemaligen Diktator Pinochet endgültig immerwährende Immunität zusichert. Die Zustimmung der Christdemokraten zu diesem Beschluss löste die bisher schwerste Krise in der regierenden Koalition, der Concertación, aus.
25. Mai 00: Ein chilenisches Appelationsgericht wird angeblich die parlamentarische Immunität Pinochets doch noch aufheben. mehr dazu
9. Juni 00: Das Appelationsgericht hat Pinochets Immunität tatsächlich aufgehoben. Die Anwälte des vormaligen Alleinherrschers haben jedoch beim obersten Gericht Chiles Einspruch erhoben.
22. Juni 00: Eine Hundertschaft Studenten hat heute an der Universität Zürich einen Vortag zum Thema Sozialversicherungswesen von José Piñera verhindert. Piñera war unter Pinochet Arbeitsminister. Respekt für die Aktion, aber keinen für die Verweigerung der Diskussion.
27. Juni 00: Heute wurde vor der Moneda das erste Denkmal zu Ehren Salvador Allendes eingeweiht.
8. August 00: Augusto Pinochet kann der Prozess gemacht werden. Das Oberste Gericht hat ihm mit 14 zu 6 Stimmen die Immunität aberkannt. Konkret wurde über neunzehn Fälle, die alle in die Zeit der Todeskarawane fielen. Da keine Gebeine der Ermordeten gefunden wurden, gelten die Opfer als entführt und dieses Verbrechen fällt nicht unter das Amnestiegesetz von 1990. Welch makabere Ironie.
Die Reaktionen auf den Entscheid waren erwartungsgemäss gespalten. Die Rechte sowie das Militär protestiert, die Linke applaudiert und der grosse Teil der Bevölkerung kümmert sich demonstrativ nicht darum.
5. September 00: Als Reaktion auf eine Rede Pinochets zum Tag der nationalen Einheit, in welcher der vormalige Diktator in seiner sturer Manier wieder kein Wort des Bedauerns oder der Entschuldigung über seine Lippen lässt, kommt es in Santiago de Chile zu Ausschreitungen. Mindestens ein Demonstrant wird dabei getötet, viele verletzt.
19. September 00: Heute hat das Amerikanische Aussenministerium bisher geheim gehaltene Dokumente zur Verstrickung der C.I.A. um die Wahl Salvador Allendes, seine Amtszeit und die Zeit nach dem Sturz veröffentlicht (im Internet unter National Security Archiv). Die Operationen des Geheimdienstes nannten sich "Track I", vor der Wahl, sowie "Track II", danach und wurden mit Zustimmung von Präsident Nixon durchgeführt. Die Papiere zeigen, dass mit Hilfe von Unternehmen wie ITT während der 60er und 70er nicht nur gemässigte rechte Parteien und Medien, sondern auch antikommunistische Paramilitärs finanziell mit Millionenbeträgen unterstützt wurden und Tausende von Chilenischen Offizieren ihre Ausbildung in den USA erhielten. Ausserdem wird zum ersten Mal die schon lange gehegte Vermutung bestätigt, dass der Amerikanische Geheimdienst in die Ermordung von General René Schneider verwickelt ist und Kontakte zu mindestens drei verschiedenen Gruppen hatten, die seine Entführung planten. Des Weitern erfährt man, dass Oberst Manuel Contreras (Bild) während Jahren in den Diensten der C.I.A. stand, obwohl man um die von ihm begangenen Menschenrechtsverletzungen wusste. Ganz im Allgemeinen hatte die C.I.A. ein viel grösseres Wissen über die Geschehnisse in Chile als bisher angenommen. So besass sie Informationen über die Gewalttaten nach dem Putsch, die Operation Condor, die Erfindung von Plan Z sowie die Planung des Staatsstreiches.
2. Dezember 00: Neues im Fall Pinochet: Trotz eifriger Bemühungen der Chilenischen Bischöfe und des Vatikans ist der Ex-Diktator in seiner Heimat überraschend angeklagt und unter Hausarrest gestellt worden. Ermittlungsrichter Juan Guzmán Tapia habe Pinochet als geistigen Urheber der über 70 Morde der so genannten "Karawane des Todes" von 1973 angeklagt. Sowohl bei Pinochet wie auch bei Vertretern der Opfer löste der Entscheid Erstaunen aus. mehr dazu
20. Dezember 00: Auf Geheiss des Obersten Gerichts Chiles wird Pinochet auf Grunde von Verfahrensfehlern bis auf Weiteres wieder auf freien Fuss gesetzt. Die Richter ermuntern den Untersuchungsrichter Guzmán jedoch ausdrücklich, seine Ermittlungen - in mittlerweilen über 190 Fällen - weiterzuführen und den ehemaligen Despoten innerhalb der nächsten Tage persönlich einzuvernehmen. Auch soll endlich ein ärztlicher Test (durchgeführt in einem Militärspital, jedoch im Beisein aller Streitparteien) über die geistige Gesundheit des Diktators im Ruhestand Aufschluss geben.
März 01: Das Verfahren gegen Pinochet geht weiter seinen Weg durch die Instanzen. Ausserdem ist vor einiger Zeit ein interessanter Artikel erschienen.
21. Mai 01: Eine Gefängnisrevolte im Norden Chiles fordert Dutzende Leben.
9. Juli 01: Ein Berufungsgericht beschliesst, dass das Urteil gegen Herrn Pinochet aus Gesundheitsrücksichten auf unbestimmte Zeit verschoben werden soll. Da es dafür nach chilenischem Recht keine Grundlage gibt, hat die Anklage den Fall schon weitergezogen. Auch wenn dies von einigen Seiten behauptet wird: Der Fall Pinochet ist noch lange nicht ad acta gelegt.
10. Juli 01: Gewalttätige Auschreitungen in Santiago mit ungefähr ein tausend Beteiligten. Unterdessen lobt der sozialistische Staatspräsident Ricardo Lagos die Unabhängigkeit der chilenischen Justiz.
2. August 01: Die Fischer der Region Octava wollen mit einem Marsch nach Santiago auf ihre dramatische Lage aufmerksam machen. Sie fordern die Wiedereinfürhrung einer staatlichen Arbeitslosenversicherung. Schon früherer ist bei Auseinandersetzungen mit der Polizei Fischer verletzt und inhaftiert.
12. September 01: Gegen Henry Kissinger, den ehemaligen US-Aussenminister, wird wegen seiner Verwicklung in Menschenrechtsverbrechen in Chile Klage erhoben. mehr dazu
18. Dezember 01: Bei Parlaments- und Senatswahlen gewinnt die Rechte mehrere Sitze dazu, übernimmt jedoch nicht die Mehrheit, wie teilweise befürchtet. Die Christdemokraten sind erstmals nicht die wählerstärkste Partei.
20. Februar 02: Es gibt Anzeichen, dass die Operation Condor widerauferstanden ist. Diesmal wird gegen Globalisierungskritiker vorgegangen. mehr dazu
Angeblich gibt es in Brasilien erste Anschläge, welche damit in Zusammenhang stehen.
-> mehr dazu bei de.indymedia
23. Mai 02: Arbeiter und Stundierende protestieren in Valparaíso.
-> mehr dazu bei de.indymedia
2. Juli 02: Der höchste Gerichtshof Chiles urteilt, dass Senator Pinochet für einen Prozess körperlich zu schwach sei.
10. Juli 02: Pinochet ist von seinem Amt als Senator auf Lebenszeit zurückgetreten. Im Senat kam es daraufhin zu tumultartigen Szenen.
9. August 02: Weitere Schüler- und Studentenproteste in Santiago.
-> mehr dazu bei indymedia.ch
13. Dezember 02: Ein interessanter Bericht über Chile ist im le Monde Diplomatique erschienen. Er ist ab sofort auch hier zu lesen.
14. August 2003: Generalstreik in Chile. Berichte hier und hier.
16. August 2003: Aufarbeitung der Militär-Vergangenheit in Chile und Argentinien. Bericht in Telepolis
4. September 2003: In einer Woche wird sich der Militärputsch in Chile zum 30. Male jähren. In Gedenken an jene Ereignisse werden verschiedene Sendungen ausgestrahlt, Artikel geschrieben und Veranstaltungen organisiert. Darunter die folgenden:
geändert 14. 9. 03
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