Basistext von "Hot Red", 20.02.02, IMC Frankreich. Dort ist auch das spanische Original zu sehen. http://france.indymedia.org/front.php3?article_id=11054 Übersetzung: francophone
Otro País war bei der Pressekonferenz vom 11. Januar 2000 des Martín Almada, Rechtsanwalt und Professor, im Gebäude der Unión Cívica Radical von Ituzaingó. Der Senator Leopoldo Moreau war ebenfalls anwesend.
Wann wurde die Operation "Cóndor 2" begonnen?
Wir haben in der Zeit der Diktaturen in Lateinamerika die Operation "Cóndor 1" erlebt, und mensch kann sich an drei Fingern abzählen, dass ihre Funktion noch heute in der Demokratie, wenn auch subtiler, weiter verfolgt wird.
Eines Tages bin ich auf ein Dokument gestossen, das ein paraguayanischer Oberst an einen ecuadorianischen geschickt hatte, ein Fax in dem er schrieb: "ich sende dir, worum du mich gebeten hattest, eine Liste paraguayanischer Subversiver, damit du sie mit auf die latein-amerikanische Liste setzen kannst". Das war am 10. Juli 1997.
Mit diesem Dokument ausgerüstet, wandten wir uns an die Justiz und verlangten, dass der paraguayanische Militär diese Liste Menschenrechtsorganisationen übermittle und ihnen erkläre, wer diese "Subversiven" sind. Der paraguayanische Oberst Francisco Ramón Ledesma erschien zu der Anhörung mit drei Anwälten. Und mitten in der Anhörunng machte ich einen Fehler. Als der Richter mir das Wort erteilte hätte ich sagen müssen "dass sich nun die Verteidigung äussert", mir rutschte aber heraus "dass [parle le criminel]". Das verbreitete eine kalte Freude im Saal. Einer der drei Anwälte forderte meinen Ausschluss.
Den Oberst hatte Angst ergriffen und er begann zu reden. Vor dem Vorfall schien er sich auf einen vorbereiteten Diskurs gefasst gemacht zu haben, aber der psychologische Druck machte ihn sein Szenario vergessen. Er berichtete, dass sich bereits im November 1995 latein-amerikanische Militärs mit Pinochet und Menem in Argentinien getroffen hatten. Er nannte auch Namen paraguayanischer Militärs, die an diesem Treffen teilgenommen hatten.
Hat es noch andere solcher Treffen gegeben?
Ja, im November 1997 traf der General Pinochet latein-amerikanische Militärs in Quito (Ecuador). Und wir haben auch herausgefunden, dass sie für November 1999 ein Treffen in Bolivien, mit Banzer, vorbereiteten. Also haben "Menschenrechte Argenitien" und "Menschenrechte Paraguay" von der bolivianischen Regierung verlangt, dass bei diesem Militärtreffen Menschenrechtsorganisationen anwesend seien. Banzer verweigerte uns das. Aber Argenitien und Paraguay haben die Berichte an "Menschenrechte Bolivien" übermittelt, die nun eine Demonstration vor dem Gebäude in dem das Treffen stattfand organisierten. Das aber ist nicht alles. Die Situation in Paraguay ist ausserordentlich schlimm. Man bereitet hier zur Zeit die Fusion der Geheimdienste, der Armee und der Polizei vor und die wichtigsten Berater sind ehemalige Agenten der chilenischen DINA. Wir machten dem Parlament, der nationalen und internationalen Öffentlichkeit bekannt, dass der "Cóndor" immer noch fliegt und dass Spione Pinochets heute Berater der demokratischen paraguayanischen Regierung sind, was furchtbar ist.
Wie steht es um die Möglichkeiten, Untersuchungen anzustellen und die verantwortlichen Militärs zu inhaftieren?
Es gibt weder Anklagen noch Verhaftungen. Wir haben weiter gemacht wie in einem Traum: wir verlangten vom paraguayanischen Richter, dass er von der CIA und vom Pentagon die Namen der paraguayanischen Militärs anfordere, die in den USA in der "Schule der Amerikas" ausgebildet worden waren. Das war also ein Ersuchen der paraguayanischen Justiz an die US-amerikanische. Die Liste der Namen haben wir bereits, doch wir wollen ihr einen offiziellen Charakter geben. Wir wollen beweisen, dass das paraguayanische Militär nicht unabhängig ist und US-amerikanischen Weisungen folgt. Die Verantwortlichen sind in den USA.
Es ist kein Prozess im Gange. Die Gefahr liegt nicht allein in Paraguay: das ist ein Problem, das ganz Lateinamerika angeht. Unglücklicherweise hat die Presse dabei zuviel zu Pinochet und seiner Vergangenheit geschrieben. Das Problem aber ist, dass in der Demokratie noch immer militärische Spionagenetze aktiv sind.
Wir wissen sehr wohl, wer die paraguayanischen "Subversiven" sind: Obdachlose, Landlose, Marginalisierte, Menschenrechtsorganisationen und v. a. Journalisten.
Sie sagten, Ex-Präsident Carlos Menem habe an den Treffen der Militärs teilgenommen. Können Sie das genauer ausführen?
Die Präsidenten sind Oberkommandierende der Streitkräfte und kraft dieses Titels sind alle Militäraktivitäten von ihnen autorisiert. Die Frage ist nicht, ob Menem dort war oder nicht, sondern ob in Gegenwart eines Präsidenten einer Demokratie die interne Spionage besprochen wurde. Menem wusste um die Vorgänge bei diesem Treffen und es lag in seiner Verantwortung, dass die argentinischen Gesetze eingehalten werden, die interne Spionage verbieten. Er hat es nicht getan, und ist somit Komplize des "Plan Cóndor".
Wie ist der "Plan Cóndor 2" entstanden?
Um dem Plan "Cóndor 2" zu verstehen, muss mensch den "Vor-Cóndor" gut verstanden haben, um die aktuelle Situation gut zu verstehen, muss mensch auf die Vergangenheit zurückkommen. Nach dem Triumph der Kubanischen Revolution initiierten das Pentagon und die CIA in Panamá ein Treffen latein-amerikanischer Militärs. Sie trafen im Rahmen des Kalten Krieges die Entscheidung, jedwede demokratische, fortschrittliche Aktion zu neutralisieren. Man schuf also die Konferenz Amerikanischer Armeen (KAA). Sie entschieden, dass die Treffen alle zwei Jahre stattfinden sollten, dass man dort Informationen austauschen sollte und dass man für den "anti-subversiven Kampf" in Panamá Militärs ausbilden wolle. Die USA engagierten sich in Form technischer und finanzieller Unterstützung.
Das funktionierte so zwischen 1960 und 1973. Dann sagte Pinochet "Das reicht, all das ist nichts weiter als eine stille Übereinkunft zwischen Gentlemen. Die Linke schreitet voran und macht sich über uns lustig: es müssen Köpfe rollen." Pinochet verfolgte also eine andere Linie und ordnete seine Politik, jeden Inhalt seiner Maxime unter: "Alles für die Freunde, Kugeln für die Feinde und das Gesetz für alle anderen." Und Stroessner setzte diese furchtbare Weisung strikt um. Pinochet mchte sich den "Cóndor" zu eigen, aber mehrere Länder demokratisierten sich und man kam also auf die KAA zurück. Daher treffen sich diese Leute noch heute und werden sich weiterhin treffen. Die Zeit hat sich geändert: der Kalte Krieg ist zu Ende gegangen und für die Militärs ist es unmöglich, Einheiten ohne konkretes Ziel aufrecht zu erhalten. Der "Cóndor 2" ist also auch eine exzellente Arbeitsbeschaffungsmassnahme für den "arbeitslosen" Sektor der Streitkräfte.
Warum entwarf man "Cóndor 2"?
Wir denken, dass "Cóndor 2" jeder Bewegung gegen die Globalisierung entgegnen soll. Alle, die gegen Weltbank und IWF sind, sind "Subversive" und von neuem müssen Köpfe rollen. Ich bin hier, um Ihnen alles zu sagen was ich denke und vermute, und um selbst zu erfahren, was Sie von dieser Situation halten. Ich will es wiederholen: die entdeckten Dokumente belegen, dass während dieses Treffens amerikanischer Armeen den Teilnehmern befohlen wurde, Informationen über die neuen Subversiven Lateinamerikas zu sammeln. Allein Argentinien ist, dank der neuerlichen Wahlen, in der Lage, der internationalen Gemeinschaft Erklärungen zu bieten.
Sie haben die Ministerin Fernández Meijide und andere Persönlichkeiten der neuen argentinischen Regierung getroffen. Was haben Sie von ihnen verlangt?
Ich verlangte von der neuen argentinischen Regierung Solidarität, in concreto dass sie die Fälle der paraguayanischen "Verschwundenen" in Argentinien untersucht. Und dass die Verantwortlichen verhaftet und verurteilt würden.
Müsste mensch nicht eine andere Globalisierung anstreben? Eine Globalisierung der Marginalisierten, eine der Kämpfenden, eine jener, die Gerechtigkeit wollen?
Der Gedanke ist interessant. Pinochet, Videla, Stroessner haben den Terrorismus des Staates globalisiert. Danke an den Richter Garzón, der die Justiz globalisiert. Natürlich müssen wir den Kampf, den der Gewerkschaften, der Basisgruppen und der Viertel, globalisieren und wir brauchen eine bessere Kommunikation untereinander. Die Frage ist, zu wissen wie wir selbst globalisieren können und wie wir diesen Prozess effektiv gestalten können. Das Problem ist schwerwiegend: wenn wir nichts tun, werden sie sich nicht damit begnügen, uns noch ärmer zu machen, sondern sie werden uns [offen] unterdrücken, uns liquidieren, so wie man gestern die Bauern in Paraguay und die Landlosen in Brasilien ermordete. Ich weiss nicht, ob sich das bereits hier abspielt, aber es konnte passieren: die Politik der Unterdrücker verlangt es.
Teilen und zusammen handeln, das sind ist meine Motivation und ich danke Ihnen, mir Gelegenheit gegeben zu haben, mich zu äussern.
Diese Interview fand zu dem Zeitpunkt statt, da bekannt wurde, dass Jack Straw, der britische Innenminister, Pinochet aus "humaitären Gründen" frei lassen werde. In Argentinien spricht mensch von Kindesentführungen durch das Militär und der gesellschaftliche Aufstieg in die illegale Repression verwickelter Militärs ist ungebrochen. Der Senat schmälert mit einer gewissen Leichtigkeit die Anklagen. Leopoldo Moreau, ein zur Pressekonferenz von Martín Almada geladener Senator, hat im Senat für Beförderung der entsprechenden Militärs gestimmt!