In der Geschichte Chiles begann nun eine neuer Abschnitt: die Diktatur. Kurz nach dem Sturz wurde die Verfassung aufgehoben und eine Militärregierung unter Leitung von Augusto Pinochet eingesetzt. Das Parlament wurde abgeschafft, eine strenge Zensur eingeführt, die Universitäten von Andersdenkenden gereinigt, missliebige Parteien verboten, ihre Bücher verbrannt.
Schon kurz nach der Machtübernahme Pinochets begannen die USA wieder, Chile intensiv mit Wirtschaftshilfe zu unterstützen. Jetzt waren auch die internationalen Organisation wieder bereit, Chile Kredite zu gewähren.
Die Militärjunta unter Pinotchet hob alle wirtschaftlichen Neuerungen Allendes wieder auf. Die ökonomische Politik Chiles wurde ab nun von amerikanischen Spezialisten in die Hände genommen und ein radikales Liberalisierungs- und Privatisierungsprogramm eingeführt. Um das staatliche Haushaltsdefizit auszugleichen, wurden alle staatlichen Fürsorgeprogramme abgeschafft. Ehemals staatliche Aufgaben wie Gesundheitswesen, Sozialversicherung und Bildung wurden privatisiert, was dazu führte, dass solche Dienstleistungen nurmehr für bessergestellte erschwinglich waren. (Interessante Parallelen zu den gegenwärtigen Diskussionen um die GATS-Verträge der innerhalb der WTO zeigen sich hier.) Pinochet verbot Arbeitern Streiks und andere gewerkschaftliche Tätigkeit. Die Zölle und Steuern wurden stark reduziert, um ausländische Investoren anzulocken.
Und das Programm funktionierte: Die Wirtschaft begann zu florieren. Dank der niedrigen Zölle und den nach Chile zurückgekehrten Unternehmen, nahmen die Exporte rapide zu. Die ausländischen Firmen wurden von der Regierung massiv unterstützt, was allerdings wieder zu einer hohen Staatsverschuldung führte. Schon 1975 musste Chile die Hälfte aller Gewinne aus dem Export gleich wieder für Schuldzinsen an den Internationalen Währungsfonds abliefern. Um die Zinsen bezahlen zu können, war Chile gezwungen, seine Ausfuhren möglichst zu erhöhen. Das war nur möglich, indem man die Löhne der Arbeiter weiter senkte und neue Kredite aufnahm, um die Wirtschaft zu fördern. So lief Chile in einen Teufelskreis hinein, der bei allen Entwicklungsländern derselbe ist: die Überschuldung.
Profitiert von der Verschuldungsspirale hat vor allem der Westen, dessen Unternehmen immer billigere Rohstoffe und Produkte aus Chile importieren konnte. Korruption war zu jener Zeit in Südamerika bis in die höchsten Positionen des Staates weit verbreitet, und so war des ganze auch für Pinochet kein schlechtes Geschäft.
Das Opfer der Entwicklung war das chilenische Volk. Während die Lebensmittelpreise um durchschnittlich 600 % stiegen, sanken die Löhne immer tiefer. Innerhalb weniger Monate stieg zum Beispiel der Preis für Milch um mehr als 40 %, obwohl die Bauern 20 % weniger dafür bekamen. Der grosse Gewinner davon war Nestlé, die in Chile das Monopol für Trockenmilch hatte, und so die Preise nach Belieben diktieren konnte. Weil sich viele Menschen keine Milch mehr leisten konnten, nahm die Kindersterblichkeit markant zu.
Die Arbeitslosigkeit erreichte ungekannte Höhen. Ein Viertel aller Leute hatte gar kein Einkommen, die Hälfte lebte unterhalb der Armutsgrenze und fast ein Drittel der Einwohner Chiles hatte nicht genügend Geld, um sich ausreichend zu ernähren.
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